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Meditation zu Gründonnerstag (09. April 2020)

Wed, 08 Apr 2020 13:25:30 +0000 von Julian Bergau

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„In der Nacht, da er verraten ward…“ – Gründonnerstag ist ein Tag der Erinnerung. Im Mittelpunkt steht die Erinnerung an das Mahl Jesu mit den Seinen am Vorabend seines Todes. In Brot und Wein schenkt er eine Gemeinschaft, die selbst zugleich Erinnerung ist – Erinnerung an seinen Weg, an sein Leiden und Sterben, an seine Auferstehung und das Leben, an dem Gott uns Anteil gibt. Erinnerung, die lebendig macht, die neue Wege eröffnet.

Lebendige Erinnerung. In diesem Jahr fällt Gründonnerstag auf den 9. April. Am 9. April 1945, vor 75 Jahren, wurde Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nazis ermordet. Sein Lebensweg und die Worte, die Dietrich Bonhoeffer fand, haben seither viele Menschen bewegt. Bekannt (auch als Lied) ist nicht zuletzt das Gedicht, das er in den letzten Tagen des Jahres 1944 im Gefängnis verfasste. Unter den aktuellen Umständen gewinnen die Verse noch einmal einen ganz eigenen Klang.

Und so möchte ich anregen, sich am Abend des Gründonnerstags, wenn wir uns nicht wie sonst als Gemeinde am Tisch des Herrn versammeln können, auch an dieses Gedicht Bonhoeffers zu erinnern – zum Beispiel dann, wenn die Glocken unserer Lutherkirche um 18 Uhr zum Gebet läuten. Lebendige Erinnerung, die das Gestern und Heute zusammenhält – und beides hineinnimmt in die Erinnerung an die Gemeinschaft, die Gott uns in Christus geschenkt hat und die uns trägt und miteinander verbunden sein lässt über alle Grenzen hinweg, dem Morgen entgegen. „Führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen. Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.“

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.
 
Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.
 
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
 
Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.
 
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
 
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.
 
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
 
Dietrich Bonhoeffer, Von guten Mächten, in seinem Brief an Maria von Wedemeyer aus dem Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin, Prinz-Albrecht-Straße, 19. Dezember 1944. (Zitiert nach: https://www.ekd.de/von-guten-machten-wunderbar-geborgen-11493.htm
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